Rede von Frau Ursula Knöpfle, Frauenbeauftragte Stadt Freiburg

Ausstellungseröffnung Vorbild, Meckelhalle Sparkasse Freiburg, 13.03.2012

Regina Lenz ist gebürtig in Recklinghausen. Sie hat während des Studiums der Kunst- und Museums-pädagogik in Freiburg die Fotografie entdeckt. Im Anschluss hat sie in der Freien Theaterfotografie und

für verschiedene Kunstprojekte gearbeitet.

Nach Lebensstationen in Berlin, Italien, Niedersachsen und Brasilien lebt sie seit 1993 wieder in Freiburg.

Ihre Arbeiten bewegen sich zwischen freier-künstlerischer und dokumentarischer Fotografie. Durch ihren persönlichen Stil der Fotodokumentation leistet Regina Lenz einen Beitrag dazu, gesellschaftliche Fragen sinnlich-ästhetisch begreifbar zu gestalten.

Die Bilder der Ausstellung „Vorbild“ könnte man unter dem Begriff der inszenierten Dokumentation ansiedeln. Das Ausstellungskonzept sieht keinen Anspruch auf Vollständigkeit vor, sondern bringt exemplarisch  eine notwendigerweise begrenzte und individuelle Bildauswahl an Frauen in einen spannungsreichen Dialog.

Zu sehen sind Abbildungen, die den Zeigecharakter ganz konkret nehmen, die Frauen in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen darstellen. Diese Bilder von privaten und beruflichen Situationen Freiburger Frauen sind jedoch mehr als nur reines Abbild. Durch die Mittel der Verdichtung und Inszenierung entwickel Lenz gleichsam Symbole gelebten Lebens.

Weibliche Identität ist immer auch notwendigerweise eine flexible Identität. Phasen des Aufbruchs und der Konsolidierung wechseln sich ab.  Die Bildsprache von privater und öffentlicher weiblicher Identität ist noch jung. Vorherrschend ist historisch und auch aktuell der männlich geprägte Blick auf Weiblichkeit. Für die vielen neuen und spannenden (!!!) weiblichen Lebensentwürfe zwischen Karriere, Familie und persönlichem Glück existiert kaum mediale Öffentlichkeit.

In unseren vorbereitenden Gesprächen wurde deutlich wie wichtig Lenz ihre Modelle sind. Ihre Annäherung an ihre role models wird von freundschaftlichem Respekt und einem hohen Maß von Anerkennung der individuellen Lebensentwürfe bestimmt. Und eines ist in diesem Zusammenhang besonders hervor zu heben: Das ist der nahezu zärtliche Humor, der in vielen Bildern wahrnehmbar ist.

Es gibt diesen narrativen Aspekt der Ausstellung und es gibt gleichsam die großformatige  Porträtserie der neun exemplarischen Vorbildfrauen. Das große Format mag auf den ersten Blick erschrecken, ist aber Programm. Regina Lenz hat mich ausdrücklich gebeten, den Frauen für ihren Mut zu danken, sich den Ausstellungsbesucherinnen und -Besuchern so offensiv ehrlich zu zeigen und somit den Betrachtern zu erlauben sich ihnen zu nähern, sie zu „erkennen“.

Der Fotografin geht es bei ihren großen Porträts von Frauen um das Erkennen aber auch - und das ist von zentraler Bedeutung – um An-Erkennung. Um die respektvolle und dankbare Sicht auf Frauenleben. Notwendig ist hier das stimmige Verhältnis zum Objekt – zu ihrem Modell. Sie sucht für sich und ihre Kamera  genau den  Abstand, »der neben Nähe auch Achtung zulässt«.

Als Setting hat Lenz (mit einer Ausnahme) die klare konfrontative  Kameraposition gewählt. Sozusagen den direkten Blick. Der Schärfefokus beschränkt sich auf die Ebene der Augen. Die Augen als symbolischer Zugang zur Persönlichkeit. Hier entsteht der Kontakt zwischen Betrachter und Betrachteter.

Dieses Projekt illustriert die noch fortdauernde  Suche nach einer eigenen weiblichen Ästhetik, des eigenen Blickes auf uns selbst, insbesondere das Bedürfnis nach innerer Ausrichtung, nach Symbolen an denen sich weibliche Identität entwickeln kann. Wenn wir den Begriff Vorbild von seinen möglicherweise angestaubten Konnotationen befreien, entdecken wir ein Bild, das vor uns steht im Sinne von: uns ein Stück voraus ist. Der englische Begriff role model bringt diese Bedeutung deutlich zum Ausdruck. Lenz suchte und fand für dieses Fotoprojekt Frauen die für andere Frauen diesen Wert ausmachen. Und wenn wir uns heute Abend oder auch morgen in unseren eigenen persönlichen Welten mit unserem nun frisch geschulten Blick umsehen, werden wir sicherlich erstaunt die Vielzahl von weiblichen Identitäten und Vorbildern erkennen und anerkennen.

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In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen bildschönen  Abend!